Zehn Partner, darunter die TU Dresden, forschen an technologischen Lösungsansätzen für die Umsetzung des vollautomatisierten Fahrens auf Haupt- und Nebenbahnen.

Dresden, 10. August 2023. Für eine erfolgreiche Verkehrswende ist die Bahn ein wichtiger Erfolgsfaktor. Hierzu zählen, dass mehr Menschen statt des eigenen Autos das System Bahn nutzen und dass mehr Güter per Schiene statt per Lkw über die Autobahnen transportiert werden. Voraussetzungen dafür sind eine hohe Pünktlichkeit, Flexibilität, hohe Taktzahl und Bezahlbarkeit der Bahnangebote. Bei der Umsetzung spielt die Digitalisierung eine große Rolle. Hier setzt das Forschungsprojekt „AutomatedTrain“ an. An ihm sind insgesamt 10 Partner beteiligt, darunter die TU Dresden, Fakultät Verkehrswissenschaften „Friedrich List“. Das Projekt hat eine Laufzeit von etwas mehr als 3 Jahren und wird durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) mit rund 42,6 Millionen Euro gefördert.

Im Fokus: Technologische Lösungsansätze erarbeiten und demonstrieren

Im Rahmen des Vorhabens AutomatedTrain sollen wesentliche technologische Lösungsansätze für die Umsetzung des vollautomatisierten Fahrens auf Haupt- und Nebenbahnen (sog. ATO GoA4) in einem Verbundvorhaben durch Industrie, Eisenbahnverkehrsunternehmen, Infrastrukturbetreiber und Forschungseinrichtungen erarbeitet und demonstriert werden. Im Fokus stehen dabei drei Aspekte:

  • Die Erhebung der betrieblichen Anforderungen aus dem Bahnsektor an vollautomatisiertes Fahren, …
  • …daraus abgeleitet, die Erstellung einer Systemarchitektur für ein vollautomatisiertes Fahrzeug unter konsequenter Einbeziehung von Zulassungsfragen.
  • Die Umsetzung und Integration gemeinsam erarbeiteter technischer Lösungen im Labor sowie auf zwei Zügen verschiedener Hersteller, mit dem Ziel einer gesamtheitlichen Grundlage für künftige Innovationen im Bahnsektor auf dem Weg zum automatisierten Fahren auf der Schiene.

Lösungsansatz: Anknüpfen an Konzepten aus automatisiertem Straßenverkehr

Im Entwicklungsprojekt AutomatedTrain erproben die Partner in den kommenden drei Jahren bis September 2026 vollautomatisierte Bereitstellungs- und Abstellungsfahrten von Zügen. Durch intelligente Sensorik können die Fahrzeuge ihr Umfeld erkennen und auf Hindernisse selbstständig reagieren – vergleichbar mit dem automatisierten Fahren auf der Straße. Die Entwicklung des automatisierten Schienenverkehrs wird beschleunigt, indem bereits erarbeitete Konzepte des automatisierten Betriebes und der dazugehörigen Sensorik bei Straßenfahrzeugen und aus anderen Industriebereichen auf die Schiene übertragen werden. Das Gesamtvorhaben gliedert sich in acht technische Teilprojekte: Lokalisierung, Umfeld-Erkennung, Vorfall-Prävention, Fahrzeug-Automatisierung, Digitale Karte, Data Factory, Rechner-Plattform und Diagnose. Es soll eine modulare, Hersteller-unabhängige Lösung erarbeitet werden.

Verkehrsforschende der TU Dresden arbeiten an diagnostischer Absicherung des Umfelderfassungssystems

Im Rahmen des Projektes trägt die Professur für Fahrzeugmechatronik der TU Dresden zur diagnostischen Absicherung des Umfelderfassungssystems (Perception-Train-Front-Monitor; PER-TFM) bei. Hierbei planen die Verkehrsforschenden Methoden der prädiktiven Fehlererkennung exemplarisch für betrieblich relevante, komplexe Fehlerfälle des PER-TFM Systems, bestehend aus Lidar-, Radar- und Kamera-Sensorik, umzusetzen. In einem ersten Schritt werden Algorithmen umgesetzt, mit denen sich komponentenspezifische Gesundheitszustände (State of Health; SOH) schätzen lassen. Aufbauend darauf, werden die Wissenschaftler:innen der TU Dresden Gesundheitsmonitore für die Funktionen des Gesamtsystems PER-TFM ableiten. Gesundheitsmonitore geben Auskunft darüber, zu welchem Grad bei degradierten Systemkomponenten (z. B. verschmutzte Sensoren, witterungsbedingte Einflüsse, Defekte etc.) unter definierten betrieblichen Randbedingungen eine Systemfunktion noch erfüllt werden kann. Die Gesundheitsmonitore sind Eingabe eines Fehlermanagementsystems und können beispielsweise eine Sensorreinigung im nächsten Bahnhof oder die Fahrt mit reduzierter Geschwindigkeit veranlassen.

Weiterführende Links

Im Projekt AutomatedTrain werden erprobte Technologien aus der Kraftfahrzeugtechnik an die Anforderungen des Bahnbetriebs angepasst. Durch die Anwendung automobiler Diagnosestandards wie z. B. UDS, ODX und SOVD soll ein Beitrag zur Modularisierung von Soft- und Hardwarekomponenten zukünftiger Bahn-Architekturen aus diagnostischer Sicht geschaffen werden. So sollen durch ein ganzheitliches Konzept zukünftig Störungen automatisiert erkannt und schneller bearbeitet werden.

Dipl.-Ing. Marc David Rabe, Subprojectmanager AutomatedTrain für die TU Dresden

Schiene und Vollautomatisiertes Fahren

Das vollautomatisierte Fahren auf der Schiene verspricht wesentliche Verbesserungen gegenüber dem heutigen Bahnbetrieb: Die Verfügbarkeit des Systems Bahn und die Flexibilität von Fahrzeugen lassen sich dadurch steigern. Zudem werden damit die Grundlagen für Kapazitäts- und Qualitätssteigerungen sowie verbesserte Pünktlichkeit im Bahnverkehr geschaffen – auch in Randzeiten und auf wenig befahrenen Strecken.

Zahlen, Daten, Fakten zum Projekt

© BMWK

- In dem Projekt arbeiten insgesamt zehn Partner aus verschiedenen Branchen zusammen: DB Netz AG, Bosch Engineering GmbH, Codewerk GmbH, DB Regio AG, duagon Germany GmbH, IAV GmbH, ITK Engineering GmbH, Red Hat GmbH, Siemens Mobility GmbH sowie die TU Dresden.

- Die Ergebnisse des Projekts sollen auf der InnoTrans, der internationalen Fachmesse für Bahn- und Verkehrstechnik, im Jahr 2026 präsentiert werden.

- Gefördert mit rund 42,6 Millionen Euro im Förderprogramm „Neue Fahrzeug- und Systemtechnologien“ vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages. Das Projekt wird aus Mitteln der EU (Europäische Aufbau- und Resilienzfazilität) kofinanziert.

Wikipedia

Kontakt an der TU Dresden

Marc David Rabe
Professur für Fahrzeugmechatronik
Fakultät Verkehrswissenschaften „Friedrich List“, TU Dresden
E-Mail: marc.rabe@tu-dresden.de