Prof. Dr.- Ing. Duo Liu leitet seit dem 1. April 2024 die Professur für Schienenfahrwege an der Fakultät Verkehrswissenschaften „Friedrich List“. Nach den ersten Wochen an der TU Dresden haben wir ihn zum Interview eingeladen.

Prof. Liu promovierte am Lehrstuhl und Prüfamt für Verkehrswegebau der Technischen Universität München, wo er sich intensiv mit der Wechselwirkung zwischen Eisenbahnfahrzeugen und Fahrwegen beschäftigte. Nach seiner Promotion war er acht Jahre lang bei Vossloh, einem weltweit führenden Unternehmen im Bereich der Eisenbahninfrastruktur, sowie bei Konux GmbH, einem Pionierunternehmen für KI/IoT-Anwendungen bei Eisenbahnweichen, tätig. Jetzt ist er Leiter der Professur für Schienenfahrwege in Dresden.

Warum er nach Dresden kam und welche Pläne er hat haben wir ihn in einem Interview gefragt.

Diehl (D): Sie sind in China aufgewachsen und haben dort auch Ihren Bachelor gemacht. Im Anschluss ging es nach München, wo Sie Ihren Master und Ihre Promotion am Lehrstuhl und Prüfamt für Verkehrswegebau gemacht haben. Nach einigen Jahren in der Industrie dürfen wir Sie jetzt in Dresden begrüßen. Was waren Ihre Beweggründe, sich an der TUD zu bewerben?

Prof. Liu (L): Für mich ist die TU Dresden ein Meilenstein und ich bin sehr froh darüber, diese Möglichkeit bekommen zu haben.

Ich sehe mich schon immer als Wissenschaftler. In der Industrie war ich hauptsächlich in der Forschung und Entwicklung tätig und das ist etwas, was ich besonders gut kann. Ich habe mir gesagt: „Wenn du richtiger Akademiker werden möchtest, dann an einer renommierten Universität“. Ich habe mich bereits 2021 an der TU Dresden beworben, da diese Universität einen ganz besonderen Charme für mich hat. Sie ist die einzige in Deutschland, welche eine rein verkehrswissenschaftliche Fakultät hat, welche alle darin enthaltenen Kompetenzen an einem Ort bündelt.

D: Dann herzlich willkommen! Wir freuen uns, dass Sie den Weg nach Dresden gefunden haben.
Auf welche Gebiete fokussieren Sie sich in Ihrer Forschung?

L: Die jetzige Professur arbeitet sowohl sehr viel mit den Themen „Gestaltung und Entwurf von Bahnanlagen“ als auch „Oberbau und Gleistechnik“. Insbesondere letzteres war schon immer Teil meiner Forschung, beispielsweise an der TU München oder bei der Firma Vossloh.

Etwas, was ich mitbringe, ist der Bereich „Digitalisierung in der Eisenbahninfrastruktur“. Auch politisch gesehen ein sehr aktuelles Thema, da insbesondere Deutschland für den Aufbau des Deutschlandtaktes seine Eisenbahninfrastruktur digitalisieren möchte. Ebenfalls sehe ich bereits eine Kompetenz in der Professur, womit wir uns an dieser Welle der Digitalisierung beteiligen können und sogar müssen.

D: Sehen Sie im Rahmen Ihrer Forschung Anknüpfungspunkte an die Exzellenzstrategie 2028 der TU Dresden und den darin genannten Potentialbereichen? Der Bereich „Automatisierte und vernetzte Mobilität“ ist an die Fakultät Verkehrswissenschaften angebunden.

L: Einerseits den gerade angesprochenen Bereich rund um die Digitalisierung. Hinzufügen möchte ich allerdings noch, dass der Fokus auf „vernetzter Mobilität“ liegt und ich es somit in unserer Verantwortung sehe, vernetzt und interdisziplinär zu arbeiten.

D: In der vergangenen Zeit haben Sie mit Ihrer Arbeit einige Erfolge verzeichnen können. Sie erhielten den Karl-Vossloh-Innovationspreis für ihre Dissertation und sind (Mit)Inhaber verschiedener Patente. Wo waren diese Erfolge thematisch angesiedelt? Fanden diese bereits weitere Anwendung in der Praxis?

L: Ich habe einige Patente für innovative Komponenten für die Eisenbahninfrastruktur. Zum Beispiel neu gestaltete Befestigungssysteme, welche Schwingungen reduzieren und die Langlebigkeit des Materials steigern. Ein potentielles Anwendungsgebiet wären hier die Hochgeschwindigkeitstrassen oder der Schwerlastbereich. Ein anderes Patent ist eine spezielle Schwellengeometrie und kann aus einem speziellen Kunststoff hergestellt werden, welches ebenfalls die Langlebigkeit erhöht.

Soweit mir bekannt ist, werden diese Innovationen genutzt und auf Messen wie beispielsweise der InnoTrans präsentiert, da diese Produkte klare Vorteile gegenüber den bestehenden Produkten aufweisen können.

Die Auszeichnungen für die Dissertation erhielt ich für die innovative Methodik, die Wechselwirkungen zwischen Fahrzeug und Fahrweg darstellen zu können.

D: Was fasziniert Sie an Mobilität und Verkehr?

L: Ich glaube ich bin eine Art „Rail-Nerd“, der bereits als kleiner Junge von der Welt rund um die Eisenbahn fasziniert war. Auch als Schüler konnte ich schon sehr viel über die Technik im Bereich der Eisenbahn mitreden, was für mich der ausschlaggebende Punkt war, meine Karriere in diesem Bereich starten zu wollen. Ich bin sehr glücklich darüber, meine Leidenschaft zum Beruf gemacht zu haben.

D: Wie glauben Sie, dass Sie Ihre Erfahrungen in den Lehrstuhl einbringen können? Haben Sie bereits Ideen für zukünftige Projekte?

L: Ich glaube, ich kann meine Expertise unter anderem im Bereich der ohnehin schon spitzenmäßigen Weichenforschung ergänzend einbringen. Hierbei handelt es sich um neue Methodiken wie zum Beispiel dynamische Fahrzeug-Fahrweg-Interaktion oder Machine Learning. Ich habe da ein paar Ideen hinsichtlich Gestaltung und Entwurf für Bahnanlagen in Kooperation mit Industrie und Wissenschaft.

D: Hatten Sie bereits Begegnungen mit Kollegen und Kolleginnen in der Fakultät? Vielleicht auch fachübergreifend?

L: Tatsächlich hatte ich schon, obwohl ich erst seit zwei Wochen hier bin, einige Begegnungen. An der Fakultät hatte ich schon sehr guten Austausch mit Prof. Stephan, Prof. Gerike oder Prof. Bešinović, um nur einige zu nennen. Über die Fakultät hinaus hatte ich ein erstes Gespräch mit Prof. Färber, der Teil des geplanten KI-Kompetenzzentrums der TUD sein wird. Ich glaube, dass hier eine sehr gute Zusammenarbeit möglich sein wird, weil künstliche Intelligenz Grundlage für unsere Anwendungen im Eisenbahnbetrieb ist. Weiterhin habe ich auch Ideen mit anderen Bereichen, wie dem Maschinenbau oder dem Bauingenieurwesen, zusammenzuarbeiten, um Kompetenzen zu bündeln.

D: Was sollten Studierende der Fakultät über Sie wissen und was dürfen sie von Ihnen erwarten?

L: Ich kann den Studierenden einen sehr guten und umfangreichen Einblick in den Bereich Eisenbahninfrastruktur geben. Das umfasst zum Beispiel die Eisenbahngeschichte, weltweite Entwicklungen oder Kontakte zur Industrie.

Wir als Lehrstuhl zeigen eine große Offenheit gegenüber Diskussionen und Austausch. Wir möchten den Studierenden bestmögliche Unterstützung bei Ihrer Karriere und bei technischen Herausforderungen anbieten, sodass bei aus Ihnen richtig gute Ingenieure werden.

D: Hatten Sie schon Gelegenheit Dresden oder die Umgebung kennenzulernen?

L: Meine Familie und ich leben seit Mitte März in Dresden. Bereits zuvor war ich bestimmt schon vier oder fünf Mal als Tourist in Dresden. Von daher ist mir sowohl die Stadt, als auch die Umgebung schon etwas bekannter. Dresden ist eine sehr schöne Stadt mit sehr vielen Möglichkeiten, sich zu erholen.

 

Wir bedanken uns vielmals für die Zeit und wünschen Professor Liu alles Gute und viel Erfolg für seinen persönlichen und professionellen Werdegang!

Originalautor

Interview: Tim Diehl / Dean´s Office

Prof. Dr.- Ing. Duo Liu

Professur für Schienenfahrwege

Tel: +49 351 463-36559

E-Mail: duo.liu@tu-dresden.de

Zur Person Duo Liu

Duo Liu ist in China aufgewachsen und hat im Jahr 2007 seinen Bachelor in Verkehrsingeniuerwesen an der Technischen Universität in Shanghai absolviert. Seinen anschließenden Master in Transportation Systems machte Liu an der Technischen Universität in München, welchen er im Jahr 2009 abschließen konnte. 2015 promovierte Duo Liu an der TUM am Lehrstuhl und Prüfamt für Verkehrswegebau.

Neben seinem Studium in München war er zunächst als hilfswissenschaftlicher Mitarbeter und anschließend als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig, wo er bereits erste Vorlesungen hielt und die Leitung von verschieden Projekten in den Bereichen Fahrzeug-Fahrweg-Interaktion übernahm.

Als frisch gebackener Doktor war er dann bis 2022 als Entwicklungsingenieur bei Vossloh Fastening Systems GmbH tätig, wo er im Bereich Forschung und Entwicklung an verschiedensten Forshcungsprojekten beteiligt war.

Seit 2022 arbeitete Liu als Senior Solution Engineer bei Konux.

Forschungsschwerpunkte

Gestaltung und Entwurf von Bahnanlagen

Oberbau und Gleistechnik

Digitalisierung in der Eisenbahninfrastruktur