Die IKOS Consulting Deutschland GmbH stiftet das erste Unternehmensstipendium an der Fakultät Verkehrswissenschaft „Friedrich List“.

Ein Gespräch mit Ulrich Grüner, Director Business Development, über die Gründe des Unternehmens dafür und warum es sich heute und in Zukunft lohnt, Verkehr zu studieren.

Herr Grüner, Ihr Unternehmen, die IKOS Consulting Deutschland GmbH, nimmt in den kommenden zwei Jahren viel Geld in die Hand, um einer Masterstudierenden bzw. einem Masterstudierenden der Fakultät ein Stipendium zu finanzieren. Warum macht Ihr Unternehmen das?

Ulrich Grüner (UG): Die Bahn ist ein wichtiger Faktor bei der Lösung aktueller Herausforderungen wie dem Klimawandel und bei der Gestaltung zukünftiger nachhaltiger Verkehrssysteme. Da kommt noch viel Arbeit auf Ingenieur:innen und Masterabsolvent:innen in diesem Bereich zu. Sprich, der Nachwuchsfachkräftebedarf ist enorm. Das spüren auch wir als Consultingfirma für Ingenieurdienstleistungen im Bahnbereich. Mit dem Stipendium wollen wir die Fakultät unterstützen, die Aufmerksamkeit auf die attraktiven Studiengänge wie Bahnsystemingenieurwesen oder Elektrische Verkehrssysteme zu lenken und damit mehr neue Masterstudierende an die Fakultät zu holen. Außerdem soll sich die Stipendiatin bzw. der Stipendiat ganz auf ihr/sein Studium konzentrieren können und sich nicht zwischen Nebenjob und Studium aufreiben. Und natürlich wollen wir uns als attraktiver Arbeitgeber präsentieren und für uns werben.

Es ist das erste Stipendium dieser Art für Ihr Unternehmen in Deutschland. Warum haben Sie sich die Fakultät Verkehrswissenschaften „Friedrich List“ an der TU Dresden dafür ausgesucht?

Wie lieben Technologie und wie lieben Bahn – diese Leidenschaft möchten wir gern weitergeben. An der Fakultät sehen wir diesen Ansatz, verbunden mit einer ausgezeichneten Lehre und Ausrichtung der Bahn-Studiengänge. Hinzu kommt eine hochmoderne technische Ausstattung. Die Studierenden kommen bereits im Studium mit neuester Bahntechnologie in Kontakt. In dem Maße ist das in Deutschland einzigartig. Auch unsere rund 1.500 Mitarbeitenden, die Kunden im Eisenbahnbereich betreuen, sind stets dran an neuesten Themen wie z. B. ETCS (Anm.: ETCS =European Train Control System). International kann die TU Dresden ebenfalls sehr gut mithalten. Deshalb passen die Exzellenzuniversität TU Dresden und ihre Fakultät Verkehrswissenschaften sehr gut zu uns und unserem Anliegen.

Die Bewerbungsphase für das Stipendium endete am 22. September 2023. Danach tagte eine Jury, um die passende Kandidatin bzw. den passenden Kandidaten auszuwählen. Was sollte die/der Stipendiat:in mitbringen?

UG: Nun, zuallererst Liebe zur Technologie und gern eine gewisse Affinität für die Eisenbahn. Denn wir sehen den ausgewählten jungen Menschen als Botschafter:in für diese Themen, um vielleicht andere Studierende für den Ingenieur:innenberuf und das Einsatzgebiet Bahn zu begeistern. Selbstständigkeit, die Lust zur Selbstorganisation und Kommunikationsfähigkeit sind ebenfalls Werte bzw. gewünschte Soft Skills in unserem Unternehmen.

 Werden dem/der Stipendiat:in während des Masterstudiums auch berufliche Perspektiven bei IKOS vorgestellt?

UG:  Ja, wir möchten uns als attraktiver Arbeitgeber vorstellen und mögliche Karrierewege bei uns aufzeigen. Der/die Studierende wird in unser Head Office und Forschungslabor nach Paris eingeladen. Dort liegt der Ursprung der Firma IKOS. Auch bieten wir einen Praktikumsplatz in einem unserer deutschen Büros an inklusive Einsicht in Zukunftsthemen, an denen wir arbeiten, wie z. B. der Hyperloop-Antrieb für Züge. Und natürlich kann der/die Stipendiat:in die Masterarbeit bei IKOS schreiben und unser Forschungslab dafür mit nutzen. Kurz, wir wollen zeigen, wer wir sind und gleichzeitig den/die Stipendiat:in kennenlernen. Und wenn beide Seiten es möchten, gibt es am Ende des Studiums ein Jobangebot.

Vor welchen Herausforderungen steht IKOS aktuell bei der Gewinnung von Fachkräften?

UG: Genügend Fachkräfte zu finden ist das eine. Fachkräfte mit gewissen Skills zu finden das andere. Und hier meine ich weniger das ingenieurtechnische Fachwissen, sondern z. B. die sprachlichen Fähigkeiten. Im internationalen Kontext ist Sprache eine Art Super-Power, um herauszustechen. Die Eisenbahnbranche ist in jedem Land mehr lokal als international aufgestellt – auch sprachlich. Das heißt, Endkunden wie die Deutsche Bahn oder die Hamburger Hochbahn, haben ihren Sitz in Deutschland und erwarten, dass unsere Mitarbeitenden deutsch sprechen – oder die jeweilige Landessprache des Kunden. Mit Englisch kommen unsere Mitarbeiter nicht immer weiter. Eine weitere Herausforderung ist es, aus der Masse der Arbeitgeber herauszustechen und wahrgenommen zu werden. Die gesamte Branche sucht nach Nachwuchsfachkräften. Deshalb ist das Stipendium für uns auch eine Möglichkeit, die Bekanntheit von IKOS als Unternehmen bei den Studierenden zu erhöhen.

Consultants sind oft über Monate für einen Kunden tätig und dann unter der Woche auch vor Ort beim Kunden. Erschwert das ebenfalls die Suche nach neuen Mitarbeitenden bei IKOS?

UG:  Diese Art der Kundenbetreuung war vor Corona sehr häufig bei uns der Fall. Durch die Lockdowns während der Pandemie und das Umschwenken auf eine digitale Zusammenarbeit mit unseren Kunden per Videocalls und anderen Tools sind wir kreativ geworden und haben das bis heute beibehalten. Waren unsere Berater:innen vor Cornona monatelang von Montag bis Freitag beim Kunden, fahren sie jetzt im Schnitt alle 2 Wochen circa ein/zwei Tag hin. Je nach persönlicher Präferenz, können unsere Mitarbeitenden mitbestimmen, wie sie ihre Arbeitszeit zwischen digitalem Arbeiten und Arbeiten vor Ort beim Kunden aufteilen.

Und den Rest der Zeit arbeiten alle im Homeoffice?

UG: Teils teils. Unsere Mitarbeitenden wünschen sich eine hybride Struktur, also teils im Homeoffice und teils im Büro, um eine soziale Anbindung und Bürokultur zu haben. Deshalb haben wir unsere Büro-Infrastruktur in Deutschland erweitert und mehr Büros angemietet. Über ein Online-Booking-System kann man sich in diesen „Shared Offices“ tageweise anmelden. Im virtuellen Raum kommen die Teams aber auch täglich für ca. 15 Minuten kurz im Videocall zusammen, einmal die Woche gibt es ein längeres Abstimmungsmeeting und einmal im Moment findet ein physisches Teamtreffen statt.

Kommen wir noch zu einem weiteren aktuellen Thema auf dem Arbeitsmarkt: Frauen im Ingenieurwesen. Wie viele Ingenieurinnen arbeiten bei IKOS?

UG: Rund ein Drittel unserer Mitarbeitenden sind Frauen. Allerdings bemerken wir Länderunterschiede. In Spanien entscheiden sich mehr junge Frauen für ein Ingenieurstudium als in Deutschland. Wir als Unternehmen möchten gern mithelfen, Werbung machen, Perspektiven bieten etc., dass in Deutschland in den kommenden Jahren der Frauenanteil unter den Ingenieuren steigt. Wie erwähnt, steigern unsere neuen Nach-Corona-Strukturen mit dem agilen Arbeiten und weniger Reise- und Präsenztagen bei Kunden unsere Attraktivität als Arbeitgeber – insbesondere (aber nicht nur) bei Frauen. Auch Weiterbildungen können bequem online durchgeführt werden. Wir haben eine eigene Online-Plattform mit Trainings. Für die, die mal „raus“ wollen, bieten wir Weiterbildungen im IKOS Lab sowie Technologie-Konferenzen mit Vorträgen für alle Interessierten an.

Spannende Aufgaben, attraktive Arbeitgeber:innen und ein hoher Fachkräftebedarf: Lohnt es sich aus diesen Gründen, heutzutage Verkehrswissenschaft zu studieren?

UG: Unbedingt – aber nicht nur aus diesen Gründen. Verkehr und insbesondere der Schienenverkehr ist ein globales Schlüsselthema bei der Lösung und Gestaltung aktueller und zukünftiger Herausforderungen. Mehr Güter und Menschen „auf die Schiene“ zu bringen, ist ein zentraler Bestandteil einer nachhaltigen Verkehrswende. Doch dafür braucht es einen massiven Ausbau der Infrastruktur, nachhaltige Konzepte, neue Technologien und vieles mehr. Das wird uns noch Generationen beschäftigen. Die Elektrifizierung des Verkehrs, Wasserstoffantriebe, Hyperloop bei der Bahn, der vernetzte Verkehr auf Straße und Schiene – es gibt so viel zu tun. Gesucht sind innovative (Ingenieur-)Lösungen, nicht nur bei der Bahn. Diese müssen von gut ausgebildeten, kreativen und begeisterungsfähigen Menschen erdacht und umgesetzt werden. Verkehr und Transport sind bunt und vielfältig. Sie werden gebraucht, heute und auch morgen. Denn Tomaten (genau wie andere Güter und Personen) lassen sich nicht durchs Internet ins Haus bringen. Für ihren Transport braucht es zukunftsfähige und nachhaltige Transportsysteme.

Beschreibung zum oberen Foto: Ulrich Grüner, Director Business Development bei IKOS Consulting Deutschland GmbH (2.v.r.) besuchte am 28.02.24 die Fakultät Verkehrswissenschaften "Friedrich List". Im Eisenbahnbetriebslabor traf er den Stipendiaten Juan Diego Vega Idárraga (2.v.l.) sowie Dr. Michael Krieg und Dr.-Ing. Beate Lux, Geschäftsführer bzw. Laborleiterin an der Fakultät.

Kontakt Fakultät Verkehrswissenschaften "Friedrich List"

Dr. Michael Krieg, Geschäftsführer

Fakultät Verkehrswissenschaften "Friedrich List"

TU Dresden

E-Mail: michael.krieg1@​tu-dresden.de

Verkehr studieren - Was sonst?!

https://www.youtube.com/watch?v=ujN7xMo1E8s

Über die IKOS Consulting Deutschland GmbH

© IKOS Consulting Deutschland GmbH

Die IKOS Consulting Deutschland GmbH ist eine auf Bahn- und Energietechnik spezialisierte Consulting Gruppe und bietet Entwicklungsleistungen für Zughersteller, Streckennetzbetreiber und Energieversorger weltweit. Das Unternehmen hat den Anspruch, den ökologischen Wandel mitzugestalten und sichere und nachhaltige Transportmittel der Zukunft zu entwickeln.

Mit 25 Niederlassungen in 13 Ländern bietet IKOS die Möglichkeit einer internationalen Karriere in einem multikulturellen Umfeld. Unterstützt durch die hauseigene F&E-Abteilung IKOS Lab, arbeiten aktuell 1.500 Ingenieur:innen an Projekten im Bereich Leit- und Sicherungstechnik, Schienenfahrzeugbau, Telekommunikation, Energie und Hochspannung, sowie Infrastruktur und Gleisanlagen.

Weitere Informationen zum Unternehmen unter: https://www.ikosconsulting.com/de/

Über das Stipendium

Mittels Stipendien bereits ab dem ersten Semester des Masterstudiums möchte die Fakultät Verkehrswissenschaften „Friedrich List“ gemeinsam mit Unternehmen besonders begabte Studienbewerber:innen, die hervorragende Leistungen im Studium und Beruf erwarten lassen, fördern.

Das erste Unternehmen, das ein solches Stipendium finanziell unterstützt, ist die IKOS Consulting Deutschland GmbH mit Sitz in Berlin. Das durch IKOS finanzierte und von der Fakultät ausgereichte Stipendium wird erstmals zum Wintersemester 2023/24 an einen/eine Erstsemester-Studierende/n aus einem der beiden Masterstudiengänge "Bahnsystemingenieurwesen" oder "Elektrische Verkehrssysteme“ vergeben. Der Stipendiat bzw. die Stipendiatin erhält 24 Monate lang 750 Euro monatlich.

Detaillierte Informationen zum IKOS-Stipendium sowie zur Bewerbung und zum Auswahlverfahren für Stipendien der Fakultät auf der Webseite der Fakultät Verkehrswissenschaften "Friedrich List".