Prof. Dr. Meng Wang ist neuer Leiter der Professur für „Verkehrsprozessautomatisierung“ am Institut für Verkehrstelematik

Verstärkung für die Professor:innenschaft der Fakultät Verkehrswissenschaften „Friedrich List“: Prof. Dr. Meng Wang (41) leitet seit dem 1. Dezember 2021, die Professur für Verkehrsprozessautomatisierung“ am Institut für Verkehrstelematik.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fakultät heißen ihn herzlich willkommen und wünschen ihm einen guten Start.

Kurz vor seinem Wechsel von der Technischen Universität Delft/Niederlande nach Dresden entstand ein Interview mit ihm zu seinen Beweggründen für die Bewerbung, seinen Forschungsschwerpunkten und Zielen als neuer Leiter der Professur.

Herr Prof. Wang, was gab den Ausschlag für Sie, sich auf die Professur für Verkehrsprozessautomatisierung an der TU Dresden zu bewerben?

Prof. Wang: Nachdem ich 12 Jahre an der Technischen Universität Delft gearbeitet habe, möchte ich eine neue Herausforderung annehmen und war auf der Suche nach einer geeigneten Professur und Entwicklungsmöglichkeiten für mich. Als ich die Widmung und den Schwerpunkt der Professur las - die Schlüsselwörter waren "Verkehrssteuerung" und "Vernetzung" - hatte ich sofort das Gefühl, dass ich mit meinem Forschungsschwerpunkt und meiner großen Erfahrung in diesem Bereich genau das Profil erfülle.

Was sind das für Forschungsbereiche?

Prof. Wang: Meine Forschung fokussiert darauf, wie mathematische Modelle und Daten genutzt werden können, um zum einen die Auswirkungen disruptiver Technologien wie Fahrzeugautomatisierung und Vernetzung auf Verkehrsprozesse zu verstehen und um das individuelle und kollektive Verhalten von Fahrzeugen zu steuern, um beispielsweise die Verkehrseffizienz, Sicherheit und Nachhaltigkeit zu optimieren.

Sehen Sie Anknüpfungspunkte an die Exzellenzstrategie 2028 der TU Dresden und den darin benannten Potenzialbereichen, die weiterentwickelt werden sollen? Der Potenzialbereich „Automatisierte und vernetzte Mobilität“ ist an die Fakultät Verkehrswissenschaften angebunden.

Prof. Wang: Ja, absolut. Das war ein wichtiges Thema bei den Bewerbungsgesprächen. Meine Forschung der vergangenen Jahre zum optimalen und sicheren Zusammenspiel von vernetzten und automatisierten Fahrzeugen im „Mischverkehr“ und die Verbindung von Verkehrsdynamik auf mikroskopischer und makroskopischer Ebene hat wichtige Grundlagen geschaffen – und wurde vielfach von anderen Forschenden weltweit aufgegriffen. Meine Forschung war und ist von sehr multidisziplinärer Natur. Das hilft mir, Verkehrssteuerungsmaßnahmen zu verstehen und zu gestalten. Im Hinblick auf automatisierte und vernetzte Verkehrssysteme bin ich der festen Überzeugung, dass Nutzerverhalten und Nachhaltigkeit oberste Priorität bei deren Gestaltung haben sollten. Das möchte ich in die Entwicklung des Potenzialbereichs einbringen.

Wo waren Forschungsprojekte von Ihnen in den vergangenen Jahren angesiedelt? Wer hat die Ergebnisse genutzt?

Prof. Wang: Ein zentrales Thema war häufig das Management und die Steuerung künftiger Verkehrssysteme mit disruptiven Technologien zur Automatisierung, Kommunikation und Elektrifizierung von Fahrzeugen. Zwei Beispiele hierfür: Ein aktuelles EU-Projekt, SAFE-UP, befasst sich mit proaktiven Sicherheitssystemen und Metriken zur Identifizierung sicherheitskritischer Szenarien von automatisierten Fahrzeugen im Mischverkehr. Bei einem anderen EU-Projekt, DiREC, das vom CEDR finanziert wird, geht es um die Unterstützung nationaler Straßenbehörden bei der Bewertung ihrer künftigen physischen und digitalen Infrastruktur, um das vernetzte und automatisierte Fahren zu erleichtern. Zu den Kunden gehörten Regierungsbehörden, Autobahnbetreiber sowie namhafte Automobilhersteller und Zulieferer.

Welche Rolle spielt der „Faktor Mensch“ bei Ihren Forschungen?

Prof. Wang: Eine immer wichtigere Rolle. Das Nutzerverhalten ist ein wichtiger Faktor bei der Entwicklung von Verkehrssystemen. Beim automatisierten Fahren geht es nicht nur um Technologien, sondern auch um soziales Verhalten. Menschliche Fahrer und ungeschützte Verkehrsteilnehmende treffen auf automatisierte Systeme und interagieren mit ihnen. In unserer Forschung nutzen wir Hochtechnologie, um menschliches Verhalten zu untersuchen. Deshalb freue ich mich sehr, dass es an der Fakultät Verkehrswissenschaften der TU Dresden auch eine Professur für Verkehrspsychologie gibt. Hier sehe ich Links zu meiner Professur – und natürlich auch zu den anderen Kollegen an der Fakultät.

Haben Sie auch zu anderen Akteurinnen und Akteuren der TU Dresden bereits Kontakt aufgenommen?

Prof. Wang: Ja, da gab es erste spannende Austausche, unter anderem mit Prof. Regine Gerike, Prof. Oliver Michler, Prof. Günther Prokop und Dr. Martin Treiber – alle von der Fakultät Verkehrswissenschaften "Friedrich List". Gute Anknüpfungspunkte sehe ich auch zu Prof. Marc Timme vom Center for Advancing Electronics Dresden (cfaed), Prof. Frank Fitzek und Prof. Gerhard Fettweis vom Institut für Nachrichtentechnik oder auch zu Prof. Christoph Sommer von der Professur für Prozessmodellierung an der Fakultät Informatik.

Angenommen, wir hätten eine Glaskugel und könnten 5 bis 10 Jahre vorausschauen. Wie möchten Sie dann mit Ihrer Professur aufgestellt sein?

Prof. Wang: Ich möchte mit der Professur weltweit anerkannt in der Verkehrssteuerung multimodaler Verkehrsprozesse – basierend auf vernetzten und autonomen Systemen – werden. Dazu gehören für mich u. a. interdisziplinäre Forschung, die Ausbildung von kompetenten und verantwortungsbewussten Studierenden und der Wissenstransfer sowie technische und gestalterische Lösungen für öffentliche und private Akteure. Ein Schwerpunkt soll die Entwicklung neuer Theorien und Modelle zukünftiger Verkehrsflüsse auf der Grundlage von maschinellem Lernen und künstlicher Intelligenz werden. Darüber hinaus werden wir uns an der Professur mit Cooperative and Autonomous Vehicles (CAV) und Schwarmintelligenz beschäftigen, insbesondere mit Entscheidungsunterstützung und Steuerverfahren von Lichtsignalanlagen und CAV-Manöverplänen für einen effizienten, energiesparenden und sicheren Verkehrsfluss.

Was planen Sie bezüglich der Forschungsinfrastruktur an Ihrer Professur?

Prof. Wang: Für die oben genannten Ziele ist eine gute Forschungsinfrastruktur unerlässlich. Meine Forschung hat sich bisher sehr stark mit den theoretischen Modellen und Algorithmen für die Steuerung zukünftiger Transportprozesse beschäftigt. Die Umsetzung meiner Forschungsergebnisse in die Praxis steht ganz am Anfang, da das Thema so neu ist. Um den potenziellen Nutzen und die Umsetzung in der Praxis zu zeigen, braucht es eine ausgezeichnete Labor und Simulationsumgebung in Form von simulierenden, skalierenden und lebenden Laboren. Dafür soll zum einen das bestehende Leitzentralen-Labor und Dresdner Verkehrsmanagement System (VAMOS) zu einem Labor für Verkehrs- und Umweltüberwachung und -kontrolle ausgebaut werden. Auch sind eine Connected and Automated Vehicle (CAV) Flotte und ein Labor für Multiskalensimulation (MSS) geplant. All diese neue Forschungsinfrastruktur wird natürlich auch für die Zusammenarbeit mit anderen Professuren, insbesondere an der Fakultät, offen sein. Ich verfolge dabei das Ziel, dort gemeinsame interdisziplinäre Projekte umzusetzen.

Stehen diese Labore auch den Studierenden zur Verfügung?

Prof. Wang: Auf jeden Fall. Ich betrachte Forschung und Lehre nicht getrennt. Es ist mir sehr wichtig, dass meine Studierenden bereits innerhalb ihres Studiums in Kontakt mit aktuellen Forschungs- und Anwendungsthemen kommen – und das sehr praxisorientiert.

Wie schlägt sich das in Ihrem Lehr-Konzept nieder?

Prof. Wang: Ich verbinde in meinen Bachelor- und Masterkursen Lehrinhalte mit gesellschaftlich relevanten Problemen. Ausgehend von einem praktischen Verkehrsproblem sollen die Studierenden mittels aktueller Theorien und Methoden unter meiner Anleitung nach Lösungen suchen. Das Kennenlernen und Nutzen der Labore gehört hier dazu. Aktives Lernen und die Erkenntnis, dass das, was sie lernen in der Praxis wichtig ist, sind meine Lehransätze. Das ist bisher sehr gut bei meinen Studentinnen und Studenten in Delft angekommen. Ich sehe mich hierbei als Lernbegleiter und Monitor für meine Studierenden.

Für die Professur ziehen Sie von Delft nach Dresden. Waren Sie schon einmal in der Stadt?

Prof. Wang: Tatsächlich war ich vor einigen Jahren in Dresden – und zwar von April bis Juni 2012 während meiner Promotionszeit. Im Rahmen eines Projekts habe ich ein Modell zur Beschreibung von adaptiven Geschwindigkeitsregelsystemen und kooperativen adaptiven Geschwindigkeitsregelsystemen auf der Grundlage der Theorie der optimalen Steuerung entwickelt. Hierfür arbeitete ich drei Monate mit einem Experten in dem Bereich an der TU Dresden zusammen, Dr. Martin Treiber von der Professur für Ökonometrie und Statistik, insbesondere im Verkehrswesen.

Worauf freuen Sie sich neben der neuen beruflichen Herausforderung?

Mir sind aus meinem Besuch in 2012 die Dresdner Museen und Galerien in guter Erinnerung geblieben. Auch war ich damals in der Sächsischen Schweiz. Darauf freue ich mich. Zudem hat Dresden eine schöne Größe und Angebotsvielfalt als Stadt – größer als Delft und „etwas“ kleiner (lacht) als Peking, wo ich aufgewachsen bin. Und für meine Hobbys – Fußball spielen, Fahrrad fahren und Reisen – ist Dresden auch ein wunderbarer Ort. Meine Familie und ich freuen uns, hier heimisch zu werden.

Originalautor

Interview: Anke Richter-Baxendale

Prof. Meng Wang

Porträtfoto Mann mit verschränkten Armen
© privat

Professur für Verkehrsprozessautomatisierung

Fakultät Verkehrswissenschaften "Friedrich List", TU Dresden

E-Mail: meng.wang@tu-dresden.de

Zur Person Meng Wang

Meng Wang ist aufgewachsen in Peking/China. Nach dem Bachelorabschluss 2003 in Bauingenieurwesen (Civil Engineering) an der Tsinghua Universität in Peking/China folgte der Master in Verkehrstechnik (Transport Engineering) am Forschungsinstitut für Autobahnen (RIOH), Ministerium für Verkehr in Peking in 2006. Dort arbeitete er als Forschungsassistent bis er 2009 als Doktorand im Bereich Verkehrstechnik an die Technische Universität (TU) in Delft/Niederlande ging und 2014 promovierte. Es folgten Stationen in Delft als Postdoc an der Fakultät für Maschinenbau, Meerestechnik und Werkstofftechnik, als Tenure Track Assistant Professor und seit Mai 2019 als Tenured Assistant Professor – beides an der Fakultät für Bauingenieurwesen und Geowissenschaften.

An der TU Delft hat er ein Labor für elektrischen und automatisierten Verkehr (hEAT-Labor – www.tudelft.nl/heatlab) mitbegründet und geleitet. Das Labor befasst sich mit den gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Herausforderungen des Managements zukünftiger Verkehrssysteme im Zusammenhang mit Elektrifizierung, Sharing und Automatisierung von Fahrzeugen.

Meng Wang hat zahlreiche Veröffentlichungen in namhaften Fachzeitschriften verfasst und mehrere Preise für seine Arbeiten über Intelligent Transportation Systems (ITS) gewonnen, darunter den „IEEE ITS Society Best PhD Dissertation Award“.

Forschungsschwerpunkte

• Modellierung von Verkehrsflüssen

• Verkehrszustandsschätzung, -vorhersage und -steuerung

• Entwurf und Folgenabschätzung des kooperativen und automatisierten Fahrens für Pkw, Lkw, Busse und Züge

Historie der Professur Verkehrsleitsysteme und -prozessautomatisierung

Prof. Dr. Meng Wang folgt auf Prof. Dr.-Ing. Jürgen Krimmling, der im März 2019 nach 14 Jahren als Leiter der Professur in den Ruhestand verabschiedet worden war.

In der Zwischenzeit hatte Dr.in-Ing. Birgit Jaekel die kommissarische Leitung der Professur inne.

Die Fakultätsleitung dankt Birgit Jaekel ganz herzlich für ihr Engagement. Sie verbleibt als Wissenschaftlerin an der Professur.