Fakultät Verkehrswissenschaften begrüßt Dr. Esta Qiu und Ruben Kuipers als Humboldt-Stipendiaten an der Professur für Mobilitätssystemplanung.

Das Alexander von Humboldt-Forschungsstipendium bietet Wissenschaftler:innen exzellente Möglichkeiten zur internationalen Vernetzung, wissenschaftlichen Unabhängigkeit und persönlichen Weiterentwicklung in ihrer wissenschaftlichen Laufbahn. Stipendiat:innen profitieren dabei neben der finanziellen Unterstützung von Kooperationschancen mit führenden Forschungseinrichtungen in Deutschland.

In diesem Jahr begrüßt die Fakultät Verkehrswissenschaften zwei Humboldt-Stipendiat:innen an der Professur für Mobilitätssystemplanung. Wir haben mit Dr. Esta Qiu von der University of New South Wales in Sydney und Ruben Kuipers von der Lund University über Ihren Forschungsaufenthalt gesprochen.

LD: Willkommen an unserer Fakultät, Esta und Ruben! Mit welchen Forschungsthemen beschäftigt ihr euch aktuell?

EQ: Meine Forschung konzentriert sich auf die gerechte Verteilung von Ressourcen im Verkehrssektor. Historisch gesehen war die Verkehrsplanung bisher sehr stark auf Effizienz ausgerichtet, aber es gibt ein wachsendes Bewusstsein für die Bedeutung von Gerechtigkeitsaspekten bei der Priorisierung und Bereitstellung von Infrastruktur. Momentan besteht eine große Lücke zwischen Theorie und Praxis, wenn es darum geht, Gerechtigkeit wirklich in Entscheidungsprozesse zu integrieren. Meine Forschung zielt darauf ab, einige der theoretischen, sozialwissenschaftlich geprägten Diskussionen über Gerechtigkeit zu operationalisieren und in eine eher technische, verkehrsingenieurwissenschaftliche Perspektive zu überführen.

RK: Mein Fokus liegt auf der Verkehrssicherheit an Ampelkreuzungen, speziell auf der Interaktion zwischen Auto- und Radfahrenden. Hier kommt es häufig zu Konflikten, wenn Autos rechts abbiegen und Radfahrende geradeaus fahren. Mit einer Kombination aus Videoanalysen und der Auswertung von Unfalldaten wollen wir diese Situationen untersuchen. Unfalldaten zeigen nur, wann etwas schiefgelaufen ist, aber oft geht es fast schief – und genau diese Konflikte betrachten wir. Es wird auch einen internationalen Vergleich zwischen Schweden und Deutschland geben, bei dem wir untersuchen wollen, was wir aus beiden Ländern lernen können.

LD: Gibt es bereits Lösungsansätze für diese Konflikte zwischen Verkehrsteilnehmenden?

RK: Vieles hängt davon ab, wie wir Verkehrsinfrastruktur entwerfen. Wir denken oft, dass eine bestimmte Gestaltung sicher ist, aber wir möchten untersuchen, ob sich die Menschen auch wirklich so verhalten, wie es durch das Design beabsichtigt ist – und ob dadurch tatsächlich Sicherheit entsteht. Es gibt zum Beispiel bestimmte Radwegeführungen an Kreuzungen, bei denen man merkt: Da war zwar eine Idee dahinter, aber in der Praxis funktioniert es einfach nicht so gut. Solche Diskrepanzen zwischen Planung und Realität möchte ich aufdecken.

LD: Wie ist es für euch, hier an der TU Dresden zu forschen?

EQ: Durch das Stipendium haben wir viel Autonomie bei der Definition unseres Forschungsschwerpunkts und bei der Suche nach Kooperationspartnern. Diese Freiheit ermöglicht es uns, kreativ zu sein – das schätze ich sehr. Außerdem finde ich es beeindruckend, wie viele wertvolle Forschungsdaten hier an der Fakultät verfügbar sind. Die systematische Datenerhebung und der Zugang zu Verkehrsdaten ermöglichen es, Fragen zu untersuchen, die man ohne diese Daten gar nicht hätte beantworten können.

RK: Ich bin noch nicht so lange hier und finde mich noch zurecht. Aber was du gesagt hast, trifft auch auf mich zu: die Freiheit. Mein Promotionsprojekt war ähnlich strukturiert – kein starres Thema. Man hat eine Idee, setzt sie einfach um. Man ist nicht so stark an festgelegte Projekte gebunden. Diese Freiheit ist sehr angenehm – es gibt zwar eine gewisse Struktur, aber sie ist nicht in Stein gemeißelt. Man braucht Kreativität in der Forschung – das führt zu neuen Ideen.

LD: Welche Vorhaben habt ihr für die Zeit eures Aufenthalts in Dresden geplant - beruflich und privat?

EQ: Beruflich möchte ich definitiv besser verstehen, wie das Verkehrsplanungssystem in Deutschland funktioniert. Ich komme aus Australien, dort ist das städtische Umfeld viel weniger dicht und deutlich autozentrierter. Es gibt sicherlich vieles, das wir von hier lernen können.Privat habe ich festgestellt, dass viele Menschen hier einen sehr gesunden Lebensstil pflegen – viele gehen bouldern, laufen oder fahren Fahrrad. Das finde ich sehr inspirierend. Ich wohne etwa fünf Minuten von der Elbe entfernt und habe angefangen, morgens am Fluss entlang zu joggen – das ist wunderschön.

RK: Ich möchte gern mein Netzwerk erweitern, das bisher sehr schwedisch geprägt ist. Außerdem möchte ich die deutsche Forschungslandschaft näher kennenlernen. Und ich möchte mein Deutsch verbessern – also möchte ich auch in der Hinsicht etwas lernen.

LD: Vielen Dank für das Interview und alles Gute für eure Zeit an der TU Dresden.

Originalautor

Lisa Dreßler/ Red. bearb.

Humboldt‐Forschungsstipendium

Mit dem Forschungsstipendium fördert die Alexander von Humboldt‐Stiftung überdurchschnittlich qualifizierte Wissenschaftler:innen verschiedener Fachrichtungen aus der ganzen Welt. Stipendiat:innen erhalten die Förderung für ihr Forschungsvorhaben in Deutschland für eine Dauer von 6 bis 24 Monaten.

Man braucht Kreativität in der Forschung – das führt zu neuen Ideen.

Ruben Kuipers