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In Gedenken
Dresdner Experte für Verkehrsprozessautomatisierung und Systemanalyse prägte Lehre und Forschung an der ehemaligen HfV und späteren Verkehrsfakultät „Friedrich List“
Die Fakultät Verkehrswissenschaften „Friedrich List“ gedenkt Prof. Dr.-Ing habil. Dr. h.c. Horst Strobel, der am 31. Mai 2023 im Alter von 86 Jahren verstorben ist. Er war eine prägende Persönlichkeit für die ehemalige Hochschule für Verkehrswesen „Friedrich List“ (HfV) sowie ab 1992 für deren Nachfolgeeinrichtung, der Fakultät Verkehrswissenschaften „Friedrich List“ an der TU Dresden. Er blieb bis zum Schluss eng und interessiert mit der Fakultät verbunden.
Während seines gesamten beruflichen Wirkens als Wissenschaftler, Hochschullehrer, Prorektor und Rektor hat sich Horst Strobel um die Weiterentwicklung der Automatisierungs- und Simulationstechnik im Verkehrswesen außerordentlich verdient gemacht. Er gilt als einer der Pioniere der Systemanalyse. 1989/91 war er Prorektor und Rektor der Hochschule für Verkehrswesen „Friedrich List“ Dresden.
Einer seiner größten Erfolge als Wissenschaftler war die Einwerbung des BMBF-Leitprojektes „Intermobil Region Dresden: Intermodale Mobilitätssicherung in mittleren Ballungsräumen durch Integration innovativer Telematik-, Bahn- und Regelungstechnologien“ an die TU Dresden. Er setzte sich deutschlandweit gegen 154 Mitbewerber für das Projekt durch. Während der gesamten Projektlaufzeit von 1999 bis 2004 stand er als wissenschaftlicher Projektleiter zur Verfügung, obwohl er bereits im Jahre 2003 mit Erreichen der Altersgrenze emeritiert wurde.
In seiner Zeit als Hochschullehrer hat er rund 50 Doktoranden zur Promotion geführt. Aus deren Reihen sind namhafte Industriefachleute, Wissenschaftler sowie mehrere Professoren hervorgegangen.
Studium und Promotion
Das gesamte wissenschaftliche Leben von Horst Strobel war eng mit der TU Dresden und später mit der Hochschule für Verkehrswesen „Friedrich List“ in Dresden verbunden.
Geboren 1936 in Woltersdorf bei Magdeburg absolvierte er nach dem Abitur 1954 ein einjähriges Vorpraktikum im Werk für Signal- und Sicherungstechnik in Berlin-Treptow (WSSB). Diesem folgte ein Studium der Elektrotechnik an der Technischen Hochschule Dresden mit der neu eingerichteten Vertiefungsrichtung Regelungstechnik. 1961 schloss er das Studium als Diplom-Ingenieur für Regelungstechnik ab.
Nach dem Studium arbeitete Horst Strobel ab 1961 als wissenschaftlicher Mitarbeiter, Assistent und Oberassistent bei der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin in Dresden. Hier beschäftigte er sich mit dem Aufbau des damals neuen Forschungsgebietes „Experimentelle Systemanalyse und Systemidentifikation“. Gleichzeitig erarbeitete er eine fachlich zugeordnete Dissertation, mit der er 1966 an der TU Dresden zum Doktor-Ingenieur promovierte.
Hochschullehrer, Forscher und Entwickler an der HfV Dresden
1967 wurde Prof. Strobel als Hochschuldozent für Regelungstechnik an die Hochschule für Verkehrswesen (HfV) in Dresden berufen. 1974 folgte die Berufung zum ordentlichen Professor für Regelungstechnik und Prozesssteuerung. Neben seiner Professur war er von 1974 bis 1982 als „Research Scholar“ am International Institute for Applied Systems Analysis (IIASA) im Schloss Laxenburg bei Wien tätig. Dieses war das einzige Ost-West-Institut außerhalb der UNO, das auf Initiative der USA und der Sowjetunion während des Kalten Krieges als Brücke zwischen Wissenschaftlern 1972 gegründet und damals von Professor Howard Raiffa (Harvard) geleitet wurde. Horst Strobel leitete im Schloss Laxenburg ein eigenes Forschungsprojekt, organisierte dazu internationale Tagungen (u. a. in Wien 1977) sowie Studienreisen nach Japan und in die USA. In letzterer hielt er 1975 einen Vortrag auf dem IFAC-Weltkongress in Boston.
Dieser Tätigkeit folgte eine neue Berufung: Zwischen 1982 bis 1986 stand er als Direktor dem neugegründeten Berliner „Zentrum für Prozessautomatisierung (ZPA)“ am „Zentralen Forschungsinstitut des Verkehrswesens (ZFIV)“ vor. Hier widmete er sich der Praxisüberführung mikrorechnergesteuerter Systemlösungen. Für diese hatte er zuvor an der HfV in Dresden wesentliche Grundlagen geschaffen.
An der HfV hat Prof. Horst Strobel von 1975 bis 1980 das „Technikum für Prozesssteuerung und Simulationstechnik“ konzipiert und realisiert. Die Arbeiten seines Forschungsteams konzentrierten sich auf Mikrorechnersteuerungen für spezifische Anwendungen im Verkehrswesen. Eine zweite Ausbaustufe dieser Einrichtung unter der Bezeichnung „Technikum für Automatisierungstechnik“ wurde 1982 fertiggestellt. Aus dem Simulationslaboratorium wurde ein verkehrstechnisches Mikrorechnerlabor. Die daraus stammenden Forschungsergebnisse dienten der Entwicklung innovativer verkehrsdienstlicher und verkehrstechnischer Geräte und Anlagen (in Teilen weltweite Innovationen). Dazu gehörten u. a.:
- Fahrausweis-Automaten als Weltneuheit: 400 aufgestellte Automaten MDA (mit Mikrorechnersteuerung und interaktivem Bildschirm-Dialog) bei der Deutschen Reichsbahn (DR) in Berlin, Leipzig, Dresden und weiteren 150 Bahnhöfen (für ca. 5.000 Fahrkartenarten pro Automat)
- Bordrechner zum energieoptimalen Fahrbetrieb bei der Berliner-S-Bahn und der S-Bahn in Halle (Saale)
- Mikrorechnersteuerung von Flugzeugnotfanganlagen für Flugzeuge vom Typ MiG-21, MiG-23, MiG-29, Phantom F-4
- Verkehrsabhängige Steuerung von Lichtsignalanlagen (vernetzte Ampelanlagen)
- Softwareentwicklung für die Geldautomaten mit Geldkartenleser der damaligen Staatsbank.
Wendezeit und Wirken an der neuen Fakultät Verkehrswissenchaften "Friedrich List", TU Dresden
In der Wendezeit 1989 wurde Horst Strobel Prorektor für Forschung der HfV. Nach dem Rücktritt des damaligen Rektors zum Januar 1990 übernahm Prof. Strobel ab dem 1. Februar das Amt des Rektors für ein Jahr bis zur Berufung seines Nachfolgers Manfred Zschweigert.
Im Herbst 1992 erfolgte die Auflösung die Hochschule für Verkehrswesen. Ein Teil wurde als neue Fakultät Verkehrswissenschaften „Friedrich List“ in die Technische Universität Dresden eingegliedert. Horst Strobel blieb bis zu seinem Ruhestand als Leiter der Professur „Verkehrsleitsysteme und -prozessautomatisierung“ des Instituts für Verkehrsinformationssysteme an der neuen Fakultät.
Neben seiner Tätigkeit an der Fakultät/Tu Dresden knüpfte Horst Strobel auch enge Bande zu einer weiteren prägenden wissenschaftlichen Einrichtung in Dresden: Er übernahm die Leitung einer Forschungsgruppe „Verkehrsleit- und Verkehrsinformationssysteme“ im Dresdner Bereich des Fraunhofer Instituts für Informations- und Datenverarbeitung Karlsruhe. Mit seinem Wirken unterstützte er zwischen 1992 und 2005 die Gründung und den Aufbau eines selbstständigen Fraunhofer Instituts für Verkehrs-und Infrastruktursysteme (FhGIVI) in Dresden – heute bekannt als Fraunhofer IVI.
Die Forschungsergebnisse von Horste Strobel und seinem Team fanden Eingang in zahlreichen auch international verbreiteten Buchveröffentlichungen sowie in mehr als 100 Veröffentlichungen in Fachzeitschriften und Begleitpublikationen zu internationalen Tagungen. Er ist außerdem an mehreren Patenten beteiligt.
Das Andenken an Horst Strobel als engagierten und innovativen Wissenschaftler wird an der Fakultät Verkehrswissenschaften „Friedrich List“ der TU Dresden stets in Ehren gehalten. Unser Mitgefühl gilt seinen trauernden Angehörigen.
Im Namen aller Kolleginnen und Kollegen sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fakultät Verkehrswissenschaften „Friedrich List“
Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike, Dekanin
Dresden, Juni 2023
(Quellen-Hinweis: Zur Darstellung des Lebens und Wirkens von Prof. Horst Strobel in diesem Beitrag wurde von der Redaktion auch der Wikipedia-Artikel über ihn herangezogen.)